Wie wird man Schriftsteller – Teil 5

Charaktere sind vielschichtig. Das weiß man nicht erst seit man sich das erste Mal im Spiegel wahrgenommen hat. Nur Pippi Langstrumpf oder der Terminator sein, ist auf die Dauer langweilig. Selbst die lebenslustige Blondine, deren einziger Sprechtext aus „Was haben wir denn daaaaaa?“ besteht, natürlich neben den sonstigen Atemgeräuschen in verschiedenen Lautstärken, wird niemanden wirklich befriedigen. Der reale Mensch ist komplex; hat etwas von Pippi, dem SciFi-Killer, der guttural Artikulierenden, und noch so viel mehr. Der Zugang führt über das innere Kind – Fantasie und Offenheit. Nur so kann literarisch aus einer Mücke ein Elefant werden.

Das innere Kind

Das Kind in uns hat große Augen und große Fühler

Was ist das? Wenn man meine Frau fragen würde, würde sie sagen: Alles an dir! Wenn ich meinen Chef fragen würde: Quatschen’se nich rum! Ham’se den Bericht schon fertich? Meine Kinder hätten vielleicht folgende Antwort auf Lager: Pappi, dass du spinnst, ist doch eh nix Neues. Reden wir doch lieber über Taschengelderhöhung für uns richtige Erwachsene.

Warum also sollte ich überhaupt über das innere Kind nachdenken? Die Antwort ist so schlicht wie einfach: Weil es existiert und weil es wichtig ist. Nicht nur bei der schreibenden Zunft, die an einem kunstvollen Konglomerat von Rahmenbedingungen, Handlungsstrang und fantasievollen Bewegungen der Hauptfigur strickt. Auch in einem Sachbuch mit ansprechenden Bildern und witzigen, einprägsamen Beispielen.

Ein Mensch, der nicht allen Instanzen in sich den nötigen Freiraum einräumt, ist selten ausgeglichen. Ein Romanheld, der nur eine Seite repräsentiert, ein Psychopath oder bestenfalls ein extremer Charakter. Die Kunst ist nicht ausschließlich Peter Pan zu sein, sondern sich immer wieder bewusst die Freiheit zu nehmen ein bisschen Peter Pan zu sein. Klingt leicht und verspielt, nicht wahr?

Aba ich sach Dich in Vertraulichkeit, logger sein is janz schön hardde Arbeet.

(Bildnachweis: © martina. | seifenbläschen / photocase.com)

Wie wird man Schriftsteller – Teil 4

Das erste Mal, die Initialzündung in eine neue Welt, ist immer etwas Besonderes. Vielleicht entwickeln manche dazu eine Liebe/Hass-Beziehung. Weiß man doch später wieviel besser der Start gelungen sein könnte. Nachher ist man immer klüger, sagt der Volksmund. So ist es hier nicht anders. Trotzdem wäre der größte Fehler der, aus Angst vor Fehlern, diese zu verhindern, indem man nichts macht. Möge mein erstes Mal ein ermutigendes Beispiel sein.

Wie kommt man zum Schreiben?

Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, wie ich zum Schreiben gekommen bin. Man könnte sagen, in dem sich meine Lehrerin, das selige Fräulein Laufer (damals war ‚Fräulein‘ noch ein besonderes Qualitätsmerkmal) die Nerven und ich mein Schiefertäfelchen aufgerieben habe. Doch Scherz beiseite. Es ist, wie das erste Mal beim anderen ersten Mal, so unterschiedlich und vielfältig, wie Menschen und Menschenleben einmal sind.

Ideenschnapper

Heute wird in vielbeklagten Bestsellern über das erste Mal geschrieben, so will ich das heute auch tun. Mein erstes Mal begann nicht im zarten Vorschulalter, ich habe nicht Germanistik studiert und für mich ist Gedichtelesen eher anstrengend. Bis ich, ja das klingt jetzt merkwürdig, bis ich einmal geduscht habe. Danach war ich ein Autor. Freilich noch ohne es in diesem Augenblick zu wissen. Das Buch eines US-Schriftstellers, welches ich schon anhand des Klappentextes in meinen Gedanken verriss (übrigens völlig zu Unrecht – das wusste ich damals aber auch noch nicht), mahnte mich, es doch besser zu machen. Von da an arbeitete mein Hirn in eine Richtung, die ich vorher nicht kannte. Erzähllinien bildeten sich, kreuzten Handlungsfäden, verwirrten sich mit Dialogen, Vergleichen, reißerischen Szenen, interessanten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Leben, bis alles ein Wust in besagtem Hirn bildete – welches beinahe befehlend forderte, hinausgeschrieben zu werden. Und ich schrieb. Oft wusste ich nur den Beginn und ein mögliches Ende eines Kapitels. Der Rest kam während des Schreibens. Mogelte sich in vorherbestimmte Abläufe, sabotierte meine Pläne und überraschte mich selbst.

Vielleicht sind andere Werdegänge anders. Der, der schon „immer“ schrieb, gegenüber dem, der immer schreiben wollte. Jedoch scheint es Gemeinsamkeiten zu geben. Es erfreute und amüsierte mich, als ich bemerkte, dass der erste Krimi einer Germanistin dieselben Anfängerfehler enthielt, wie ich sie als Nullvorgebildeter damals machte. Schachtelsätze, unlogische Handlungsabläufe, falsch zusammengestellte Dramaturgie genauso, wie überflüssige Erzählstränge und Fehler, Fehler, Fehler. Fehler in Grammatik und Rechtschreibung. Doch das ist alles nicht wichtig. Wichtig ist nur eins. Der Impuls im Kopf findet seinen Niederschlag im Text. Schreibstil und Genre wandeln sich schneller als man denkt. Mit jedem geschriebenem Satz; mit jeder lektorierten Geschichte.

Deshalb: Es gibt keine schlechten Texte. Es gibt nur Bausteine, die den Weg pflastern. Außerdem, was blieb mir anderes übrig, nachdem man mir sagte, man könne mir gar nicht mehr zuhören, bei dem Müll, den ich ständig rede.

So schreibe ich eben.

(Bildnachweis: © Francesca | Miss X / photocase.com)

Bratkartoffelverhältnis?

Unter einem Bratkartoffelverhältnis wird sowohl die Liebelei, drugstore wie auch die Zweckbeziehung verstanden. Geschichtlich liegt der Hintergrund in der gegenseitigen Versorgung durch z.B. die magenfüllenden Bratkartoffeln, advice die ein Kriegsheimkehrer mit einer Kriegswitwe eingeht, doch ohne Trauschein. Man möchte ja die Witwenrente nicht gefährden und trotzdem satt kuscheln. Gibt es moderne Varianten? Etwa das englische mealticket?

Die Verhältnisserin verhält sich verhältnismäßig.

Meine erste war wohl eine, aber es gab keine Bratkartoffeln von ihr und ich kam nicht aus dem Krieg. Doch wer den Krieg der Hormone in einem Lüst-, besser Jüngling, auch als solchen
bezeichnen mag, ist dem Bratkartoffelverhältnis schon auf halben Weg entgegengekommen. Für die andere Hälfte gilt es nur noch die gebratenen Kartoffeln mit süßen Früchten zu vertauschen. Dann wären wir wieder beim Bratkartoffelverhältnis – oder doch eher beim Bratäpfelchenverhältnis? Denn es waren keine Kartoffeln von denen ich naschte. Außerdem hat sie nie gekocht, höchsten auf verschiedenen Feuer- und Flammenstufen geköchelt, die Verhältnisserin, um einen Fachbegriff zu nennen, der handwerkliche Kunst zu verstehen gibt. Doch war die Kunst weder handwerklich, noch das Feuer ein Feuer des Herzens. Waren wir doch beide nur für kurze Zeit dem Krieg entronnen. Ich dem einen, sie einem anderen; dem Statusscharmützel.

So ist sie, die Welt: lachhaft und lebenswert.

(Bildnachweis: © Kathrin Windhorst | ka di / photocase.com )

Ende des Internets

Völlig überraschend entdeckten namhafte Surfologen jetzt das Ende des Internets.

Galt das neue Medium doch als die Plattform der Zukunft schlechthin. Unbegrenzte Möglichkeiten waren versprochen und grenzenloses Informations- und Informatikvergnügen fest in das virtuelle Parallelleben eines jeden Menschen eingescriptet. Doch nun kam heraus was Softwareschmieden und Netzwerkprofis schon lange vermuteten: das World-Wide-Web ist genauso endlich, pharmacy wie der leckere Mohnstreuselkuchen meiner Mutter selig. Fachleute fragen, wie kann das weiter gehen? Jugendschützer bangen um ihre Arbeitsplätze und Heerscharen von 0900-Blondinen müssen wieder selbst Hand anlegen. Wird es wirklich so weit kommen? Muss ein fast vergessenes Reallife als Ersatz herhalten? Kann der blaue Himmel über meiner vollvernetzten WLAN-Home-Center-Server-Zentrale wirklich die intensive Emotionalität, die ein Windows-Blue-Screen erzeugt ersetzen?

Doch vor windigen Lösungen hat das Schicksal erst den Schock gesetzt.
Guggschde mal selbä —> DAS ENDE.

Wie wird man Schriftsteller – Teil 3

Nach einer Schreibblockade (siehe letzten Artikel) sollte eine Schreibphase kommen, store wie auf Winter Sommer kommt. Sich Schriftsteller nennen und unter einer permanenten Schreibblockade zu leiden, rx dürfte eine Identitätskrise zur Folge haben.  Natürlich bis auf die Künstler, die sich in der Rolle gefallen. Die soll es ja auch geben *Seidenschal zurechtrück*

Schreibphase!

„Mein Chef ist gerade in einer wichtigen Schreibphase und darf nicht gestört werden.“ Solche und ähnliche Sätze würde man gern einmal weitergeben lassen. Dann könnte man sich mit denen vergleichen, „die es geschafft haben“. Ob man davor eine echte schriftstellerische Leistung vollbringen musste oder man nur zur rechten Zeit vom richtigen Verlag kostenintensiv hochgelobt wurde, sei einmal dahingestellt. Mein heutiges Anliegen ist etwas über diese „Schreibphase“ zu schreiben.

Geschichten aus der Maulwurf-Perspektive

Es gibt Tage, da wird das Autorenhirn überflutet mit Reizwörtern und Stimmungen, die Szenen, Ideen und ganze Geschichten lostreten. Mir geht es so, wenn ich in Gedanken bin und nebenbei unbedacht die erschlagende Botschaft einer Werbung lese. Sie nur halbbewusst wahrnehme und unabsichtlich aus dem Zusammenhang reiße. Zum Beispiel vorhin die Werbe-Mail eines bekannten Online-Kaufhauses: „Alles für die Grillparty“. Ordentlich wird aufgereiht, was man(n) so braucht. Vom In- und Outdoorgrill, über den All-Inclusive-Werkzeugkoffer bis zum elektrischen Gartengerät.

Besonders ist mir aber der Rasierer aufgefallen – für die perfekte Rasur. Braucht der echte Mann, der gerade mit dem Outdoorgrill ein naturschwarzes Fleisch gebrutzelt hat, es mit der Flex aus dem Multitool-Werkzeugkoffer meisterlich zerlegt, der nebenbei der Barbusi-Nachbarin erzählt, dass der neue Motorradhelm karbon-ultima-ratio-power-bestückt ist, nachdem der alte immer zu schnell aus der Kurve gefliehkraftet ist – braucht der Mann wirklich eine perfekte Rasur? Wäre nicht ein verwegener 3-Tage-Bart ein echter Grund für die Anschaffung eines elektronic-supported Condom zu kaufen, welches in Echtzeit alle mannesrelevanten Daten über WLAN sendet und weltweit auswertet?
Im Ernst. Wie kommt man zu einer Schreibphase? In dem man schreibt, schreibt, schreibt. Und wenn man keine Zeit hat, notiert man sich eben die Ideen. Ein kleines Notizbüchlein in der Brust- oder Handtasche kann da Wunder wirken. Wichtige Impulse für eine Kneipenszene lassen sich am Besten in einer Kneipe schreiben. Chaos in der Unordnung am Bahnhof, Einsamkeit in einer Ruine und Unsinn auch durch Werbemails. Ja, auch Unsinn macht Sinn.

Und nun kommen wir zu der alles entscheidenden Frage: Was erzählt der Maulwurf im Stadtpark abends seinem Tagebuch? Weiß er, dass Kondom im Englischen auch „french letter“ heißt? O, was sind das für Länder, in denen Liebesbriefe noch mit dem Griffel geschrieben wurden? Es wird noch dauern, bis die Stadtverwaltung dahinter kommt, dass der Urheber der vielen, vielen Maulwurfshügel einer ist, der ein Notizbüchlein sein eigen nennt. Er ist gerade in einer Schreibphase und darf nicht gestört werden.

(Bildnachweis: © Kitty - Fotolia.com)

Dementi

Hiermit dementiere ich auf das Schärfste,  …

… ich hätte aus Publicity-Gründen eine heiße Nacht mit Madonna gehabt.

Schließlich streite ich – zumindest offiziell – ab, ich würde die seltene und begehrte Tigermondschaukel kennen. Außerdem habe ich keinerlei Erklärung dafür, wie die Dame rechts auf meinen Schreibtisch kommt.

Meiner Frau würde ich selbstverständlich sagen: Liebling, da… da… das sieht je.. jetzt n… n… nicht s… so aus, w…wie es aus…sss…sieht.

Ergo:

Als Autor verbiege ich keine Tatsachen, außer meine eigenen.

Auch keine Frauen, außer meine eigene. (Uri Milde)