Achtung „unisex“

Da schreit mich eine Werbemail an: Was zum Teufel sind Unisex Tarife? Das sind die mit der Rundum-Sorglos-Betreuung. Aber sicher, sagt der Versicherungsvertreter.

Die Zeit als der Mann noch ein echter Mann war und die Frau erotisch und geheimnisvoll sind wohl längst vorbei. Heute ist man unisex. Es gibt unisex-Frisöre, unisex-Toiletten (Ally McBeal-Gucker wissen das), Unisex-Kleidung (wenn jetzt jemand glaubt, da zähle der BH dazu, dann müsste ich sagen: anderes Thema), vielleicht auch Unisex-Liebhaber. Sogar in der katholischen Kirche gibt es Unisex-Bänke, zumindest jetzt, in der Neuzeit. Die älteren Gläubigen mussten sich noch brav links und rechts nach Geschlecht einordnen. Warum eigentlich? Waren die meisten Pfarrer kurzsichtig? Scheute man sich hemmungslosen Sex während der Mette zu riskieren? Wollte man transsexuelle Menschen dazu verdonnern am Eingang stehen zu bleiben?

Unisex heißt nicht „beim Pinkeln hinsetzen“.

Die Tendenz geht auch zur Unisex-Ehe, nachdem das Modell der Unisex-Beziehung beim Unisex-Liebhaber zum Erfolg wurde. Früher bestand man per Gesetz auf die Einhaltung einer Frauenquote von exakt 50%. Olle Kamellen, sagt der moderne Mensch, der Homo parasapiens unisex, und unterstellt jahrtausendewährende Diskriminierung des jeweils anderen Geschlechts seit es paarweise Zeugungsgemeinschaften gibt. Jeder soll nach seiner Façon selig werden, formulierte schon Friedrich II., König in Preußen.

In anderen Bereichen wird schon zurückgerudert. Bei der gemischten Sauna drängt der männliche Teil der Unisex-Vertreter in den Frauenbereich und die bleiben zuhause. Zum Ausgleich gibt es Frauentage, aber keine Männertage. Wäre das ein Modell zur Akzeptanz von Unisex-Toiletten? An allen Dienstagen und Donnerstagen nur für Frauen?

Es bleibt noch viel Basisarbeit zu leisten um diese wichtige Etappe der Gleichberechtigung zu erreichen. Damit hört auch endlich die Diskussion auf, warum es Wickeltische und Vibratorautomaten (z.B. Uni Ulm) nur in Frauen-, Kondomautomaten und Rasierutensilien nur in Herrentoiletten geben soll. Ein wichtiger Schritt nach vorne. Dann machen wir mit der geschlechtabhängigen Anrede doch gleich weiter. Herr Müller, Frau Schmidt … das selige Fräulein Kleinschmidt ist vor Jahrzehnten bereits dahingeschieden. Wobei das DAS in diesem Zusammenhang schon etwas Bestechendes hat. Nicht um das Neutrum einer unverheirateten, und damit offiziell ungeöffneten, Frau zu betonen, sondern um mit der unseligen Einteilung in Männlein und Weiblein gleich beim Namen aufzuhören. Zaghafte Ansätze sind bereits vorhanden. „Das Guido“ wird unser gelber Außenengel genannt. „Das Oma Trienchen“, um Lebensgewohnheiten wie Malefixspielen, Romméwettbewerbe und alkoholfreien Eierlikör zu betonen. „Det Kurven von dat Monroe“ muss das heißen oder „mein Name is‘ dat Bond, dat Dschähms Bond“. Alles andere ist privat.

Pfeife rauchen ist längst zur Unisex-Angelegenheit geworden und es sind auch schon Männer beobachtet worden, die nach dem Weg gefragt haben. Die Entwicklung hin zum „Privatgeschlecht“, so geheim wie das Blümchenmuster auf dem Lieblingskopfkissen, ist längt im Gange. Jedes moderne Fahrzeug ist mittlerweile mit einer Einparkhilfe ausgestattet, egal ob der Käufer männlich oder weiblich ist. Männer dürfen öffentlich weinen, wenn die bevorzugte Fußballmannschaft verliert und Frauen können sogar Koch und Gynäkologe werden. Die Welt ist im Wandel. Die Geschlechter vermischen sich völlig asexuell.

Ich frag mich nur, wie dat Frau auf der Unisex-Toilette das Pissoir bedient. Wir werden sehen!!!

(Bildnachweis: © Deklofenak - Fotolia.com)

Zeit ist eine Hure

Wer kennt es nicht, cialis dieses schleimige Fluidum, welches zäh durch die Wochentage fließt. Will man sich ihm tapfer entgegenstellen, saust es davon. Lässt man sich tröge mitziehen, wälzt sie sich öde dahin, wie ich, wenn ich morgens schlurfend die Zeitung hole. Physikalisch ist das nicht. Trotzdem hält es sich für eine der Urkräfte unseres Universums. Ich würde eher behaupten: Zeit ist eine Hure, hat knackige junge Brüste und hält immer die Hand auf.

Erst neulich blickte ich einem runden Hinterteil nach. Leider entfernte es sich von mir. Nach der mir mittlerweile ziemlich obszön erscheinenden Relativitätstheorie bleibt ein solcher Arsch wohlgeformt jung und ich altere hingegen immer flotter. Irgendwie fällt mir auf, dass sich die Popöchen umso schneller von mir fortbewegen, je knackiger sie sind. So macht Astrophysik keinen Spaß.

Des Montags bleierner Arsch

Aber mal von vorne. Wie kommt man überhaupt zu diesem schleimigen Fluidum, der Zeit. Ganz klar, durch Sex. Zwar nicht dem eigenen, sondern dem von anderen. Wir könnten jetzt diesen anderen mal die Arbeitsbezeichnung ‚Eltern‘ geben. Die Zeitkluft, die die sexhabenden Zeitinitiatoren von mir trennt, ist nicht überbrückbar. Egal ob meine Zeit gerade mal schnell oder langsam läuft (wobei sie immer behauptet das nicht zu tun), ob sich ein Knackpo von mir weg bewegt oder der Feierabend auf mich zu schlurft, der Abstand bleibt stets gleich. Da könnte ich rennen wie ich will, die hatten ihren Spaß und ich frage den Sekundenzeiger, warum er bei jeder Zahl so rumtrödeln muss.

In wenigen Minuten heißen Beisammenseins jener ‚Eltern‘ haben die ‚Chronosomen‘ mich in dieses zähe Fluidum, die Zeit geworfen. Nicht zu verwechseln mit den ‚Chromosomen‘. Die haben nur etwas mit meinen großen Ohren zu tun. Hingegen die ‚Chronos-Teilchen‘ damit, dass es Zeit in dem Fall komprimiert, falls ich es wage faustisch zu denken: „Werd‘ ich zum Augenblicke sagen:‘Verweile doch! du bist so schön!‘ Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“ Sie flieht wie die scheue Jungfer, die schon wie bei anderen Gelegenheiten ihren Popo in Sicherheit bringt. Spreche ich aber zum Montag: „Fahre hin, du falscher Versprecher. Lockst mit Aufbruch und bringst nur ein Fässchen Müdigkeit gespickt mit langer Weile.“, so grinst er mich hingegen grenzdebil an und hockt sich mit seinem breiten Arsch mitten in die Welt, über alle Zeitzonen hinweg gleichzeitig. Ich kriege mein Montagsgesicht verpasst, die Fabrik spuckt Montagsautos raus, und der Kaffee ist natürlich auch wieder leer.

Zwischen Freitag und Montag, erstem Kuss und dem Versprechen wieder anzurufen, und meinetwegen auch die Zeit zwischen schnell mal in in der Altstadt parken und gebührenpflichtiger Verwarnung, scheint dieses Fluidum irgendwie beschleunigt. Wo bleibt da der Montag mit seinem A… ttribut. Doch lassen Sie uns physikalisch bleiben. Dem Fachgebiet, zu dem sich die Zeit dazugehörig behauptet. Nach Einstein ändert Masse den Zeitablauf. Danach müsste der Montag schwerer sein als ein guter Witz oder das Lächeln der Weisheit. Und ich sollte mich bei Olympia anmelden, weil mein Bäuchlein streng nach Einstein den Turbo zünden täten würde. Aber das nur nebenbei.

Doch es gibt Weise in der Welt, die das Mysterium der Zeit schon längst für sich gelöst haben: Die Bahn. Druckt sie doch den rechten Augenblick auf ein großes Plakat und verkündet die wahre Zeit in die Welt. Doch der Weise bleibt bescheiden und rühmt sich selbst nicht. Deshalb ist es ein Ausdruck der Bescheidenheit, so glaube ich, dass dieses hochgeistige Unternehmen hin und wieder ein Quäntchen zu spät kommt und ihren Gläubigen die Zeit am zugigen Bahnsteig schenkt, sich selbst mit der Nichtigkeit Diesseitigem auseinandersetzen zu können. Bis zur zeitlosen Erleuchtung aber werde ich noch viele Stunden an lautsprecherdurchplärrten Bahnsteigen verbringen müssen.

Die Zeit ist eine Hure, die bar bezahlt werden muss. Sie verspricht die Ewigkeit und verstreut doch nur Zeitkrümel auf unseren Weg. Willkürlich, ungerecht und launisch wie eine Diva. Drum umschmeichle ich sie und gebe ihr das Gefühl einzigartig zu sein. Vielleicht küsst mich die Zeitliche dann eher, als dass ich sie segne. Beischlafe mit der Zeit, dann hast du zur Not vielleicht nicht zuviel davon. Und im Schäferstündchen mit der Liebsten wächst ein Gefühl von Ewigkeit. Das wäre ein schon ein guter Anfang, auf dem Weg zur Bahn.

Wenn ich das am Montag im Universum erzähle, dann kann Einstein aber Kaffee kochen gehen.

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