Wie wird man Schriftsteller – Teil 4

Das erste Mal, die Initialzündung in eine neue Welt, ist immer etwas Besonderes. Vielleicht entwickeln manche dazu eine Liebe/Hass-Beziehung. Weiß man doch später wieviel besser der Start gelungen sein könnte. Nachher ist man immer klüger, sagt der Volksmund. So ist es hier nicht anders. Trotzdem wäre der größte Fehler der, aus Angst vor Fehlern, diese zu verhindern, indem man nichts macht. Möge mein erstes Mal ein ermutigendes Beispiel sein.

Wie kommt man zum Schreiben?

Ich weiß es nicht. Ich kann nur sagen, wie ich zum Schreiben gekommen bin. Man könnte sagen, in dem sich meine Lehrerin, das selige Fräulein Laufer (damals war ‚Fräulein‘ noch ein besonderes Qualitätsmerkmal) die Nerven und ich mein Schiefertäfelchen aufgerieben habe. Doch Scherz beiseite. Es ist, wie das erste Mal beim anderen ersten Mal, so unterschiedlich und vielfältig, wie Menschen und Menschenleben einmal sind.

Ideenschnapper

Heute wird in vielbeklagten Bestsellern über das erste Mal geschrieben, so will ich das heute auch tun. Mein erstes Mal begann nicht im zarten Vorschulalter, ich habe nicht Germanistik studiert und für mich ist Gedichtelesen eher anstrengend. Bis ich, ja das klingt jetzt merkwürdig, bis ich einmal geduscht habe. Danach war ich ein Autor. Freilich noch ohne es in diesem Augenblick zu wissen. Das Buch eines US-Schriftstellers, welches ich schon anhand des Klappentextes in meinen Gedanken verriss (übrigens völlig zu Unrecht – das wusste ich damals aber auch noch nicht), mahnte mich, es doch besser zu machen. Von da an arbeitete mein Hirn in eine Richtung, die ich vorher nicht kannte. Erzähllinien bildeten sich, kreuzten Handlungsfäden, verwirrten sich mit Dialogen, Vergleichen, reißerischen Szenen, interessanten Erkenntnissen aus Wissenschaft und Leben, bis alles ein Wust in besagtem Hirn bildete – welches beinahe befehlend forderte, hinausgeschrieben zu werden. Und ich schrieb. Oft wusste ich nur den Beginn und ein mögliches Ende eines Kapitels. Der Rest kam während des Schreibens. Mogelte sich in vorherbestimmte Abläufe, sabotierte meine Pläne und überraschte mich selbst.

Vielleicht sind andere Werdegänge anders. Der, der schon „immer“ schrieb, gegenüber dem, der immer schreiben wollte. Jedoch scheint es Gemeinsamkeiten zu geben. Es erfreute und amüsierte mich, als ich bemerkte, dass der erste Krimi einer Germanistin dieselben Anfängerfehler enthielt, wie ich sie als Nullvorgebildeter damals machte. Schachtelsätze, unlogische Handlungsabläufe, falsch zusammengestellte Dramaturgie genauso, wie überflüssige Erzählstränge und Fehler, Fehler, Fehler. Fehler in Grammatik und Rechtschreibung. Doch das ist alles nicht wichtig. Wichtig ist nur eins. Der Impuls im Kopf findet seinen Niederschlag im Text. Schreibstil und Genre wandeln sich schneller als man denkt. Mit jedem geschriebenem Satz; mit jeder lektorierten Geschichte.

Deshalb: Es gibt keine schlechten Texte. Es gibt nur Bausteine, die den Weg pflastern. Außerdem, was blieb mir anderes übrig, nachdem man mir sagte, man könne mir gar nicht mehr zuhören, bei dem Müll, den ich ständig rede.

So schreibe ich eben.

(Bildnachweis: © Francesca | Miss X / photocase.com)