Lehrbuch für die gute Hausfrau

Just zum Vatertag fällt mir ein hochinteressantes Fachbuch in die Hände. Eigentlich ist es ein Lehrbuch.  Es ist „Das Handbuch für die gute Ehefrau“. Dass es im Jahr 1955 und dann noch im teilweise, check ich sag mal diplomatisch, konservativem USA herausgegeben wurde, spielt vielleicht nicht die Rolle, die moderne Freidenker herumdeuteln würden. Jenen möchte ich zurufen: Welche neuen Freiheiten gäbe es für den freien Mann? Doch ich will nicht zu weit ausholen. Vatertag mit seinen Unsitten ist vorbei und solche Zoten sollten der Vergangenheit angehören. Doch  – tun wir doch einfach so, als wäre jetzt noch für 20 Minuten Vatertag. Wie könnte die Ehe einer solchen guten Hausfrau aussehen? Vielleicht sogar als Musterbeispiel für heute?

Er kommt nach Hause.
Sie: Geliebter, ich habe mich so nach dir gesehnt.
Er: (brummt)
Sie: Deine Lieblingsspeise ist fast fertig. Gib mir nur erst deine schwere Aktentasche.
Er: (gibt ihr die Aktentasche) Was ist denn das für ein Fummel?
Sie: (dreht sich stolz) kam heute. Babydoll. Man sieht fast alles, aber doch nichts.
Er: (guckt) Mmh.Die Praktikantin kam heute mit heißen Höschen.
Sie: (zieht ihm mit Schmollmund das Jackett aus)
Er: (grinst) naja, einige Klappse hat sie schon aushalten müssen… aber lassen wir das. Was gibt es zu essen?
Sie: Ich habe dein Lieblings-4-Gänge-Menü bereitet. Es beginnt mit einer…
Er: Dann schieb deinen Babydollarsch schon in die Küche, ich hatte einen anstrengenden Tag.
Sie: Ich weiß Liebling.
Er: (Schaut in die Töpfe und macht sich ein Bier auf)
Sie: Gleich ist alles fertig (lockert ihm die Krawatte)
Er: Wenn du mich wirklich liebst …
Sie: Ja?
Er: Und mir wirklich was Gutes tun willst …
Sie: Ja, geliebter Mann?
Er: Dann hau mir schnell noch einen Leberkäs auf ne Semmel. Aber mit viel Ketchup.

Anno 1955 - Hausfrau mit 3 Akten

Sie: (erschrickt)
Er: Lässt sich auf das Sofa fallen und schaltet den Ferseher ein.
Sie: (sprachlos)
Er: (schaltet wahllos durch die Programme)
Sie: (sucht im Kühlschrank)
Er: (wütend) Warum geht die Fernbedienung nicht?
Sie: Soll ich dir den Nacken etwas massieren, Liebster?
Er: Wohl zu viel Hausfrauenfernsehen geguckt? Dabei ständig zu den Talkshows umgeschaltet. Von echter Arbeit hast doch du keine Ahnung.
Sie: Ja Liebster.
Er: Die Batterien sind schon wieder leer.
Sie: Das tut mir leid. Entschuldige bitte. (reicht ihm die Leberkässemmel)
Er: (Schaut sie herausfordernd an) Muss das ausgerechnet jetzt sein?
Sie: (sieht schuldbewusst zu Boden)
Er: Los beeil dich wenigstens, wenn du schon weißt, dass du langsam bist.
Sie: (beginnt eine zarte Nackenmassage)
Er: Quatsch! Hol Batterien.
Sie: Jetzt?
Er: Wann denn sonst? Etwa heute nacht? Mit dem Fummel nachts beim Einkaufscenter rumlungern. Das würde dir gefallen. Aber nicht mit mir! Du bist meine Frau und anständig!
Sie: Ich meinte nur …
Er: Ist doch sowieso egal. Du gehts jetzt! Sofort.
Sie: Und das Essen?
Er: Vergiss nicht die Chips.
Sie: Soll ich vorher servieren? Dann könntest du mit dem Essen schon mal anfangen. Du musst ja einen Bärenhunger haben, nach der schweren Arbeit.
Er: Und ein Sechserpack Bier.
Sie: Die Vorspeise ist schon fertig.
Er: Aber nicht die olle Plörre. Schon das gute Dunkle.
Sie: Ja, Liebster.
Er: Am besten doch einen ganzen Kasten, der Abend ist ja noch lang. Und ein paar Tüten Knabberzeug. Nicht nur so ein Probiertütchen.
Sie: Ich geh mich schnell umziehen.
Er: Wieso das?
Sie: Ich kann doch unmöglich so gehen? (Sie sieht an sich herunter)
Er: Bei dir achtet da bestimmt niemand drauf. Habe ich dir schon von der Praktikantin erzählt? Die hat so … (er versuchte mit beiden Händen etwas Rundes anzudeuten) … ach, das begreifst du sowieso nicht. Jetzt hau ab.
Sie: Ich ziehe mich um (dabei stapfte sie trotzig mit einem Fuss auf)
Er: Regenmantel drüber reicht. Und los. (Eine Handweisung in Richtung Haustür zeigte, dass die Diskussion beendet war)
Sie: Drehe bitte das Essen etwas runter.
Er: (brummt)
Eine halbe Stunde später schleppt sie sich mit einem Kasten Bier und einen großen Einkaufskorb voller Knabbereien zur Tür  herein.
Sie: Ich habe alles bekommen.
Er: (guckt desinteressiert) Mit Schal?
Sie: Wegen dem, du weißt schon (und deutet auf ihr Dekollette).
Er: (greift sich eine Tüte Chips)
Sie: Ich trag den Kasten Bier gleich in den Keller.
Er: Bist du verrückt?
Sie: Aber Liebster.
Er: In den Kühlschrank damit. Du lernst es nie.
Sie: Ich tu alles was du willst. (verführerisch lässt sie ihren Regenmantel herunterrutschen. Das Babydoll kam wieder zu Vorschein.)
Er: Räum den Mist weg (dabei deutete er auf Bier, Mantel, Einkaufskorb), dann komm zu mir
Sie: Ja mein lieber Mann.
Er: (reißt die Chipstüte auf und legt sie sich griffbereit neben sich auf die Couch)
Sie: O ja, dann machen wir es uns so richtig gemütlich.
Er: (Greift sich eine Handvoll Chips)
Sie: (kommt zurück und will sich neben ihren Mann setzen)
Er: Weg da. Da ist kein Platz, Da liegen meine Chips, siehst du das nicht?
Sie: (ratlos) Wo darf ich mich hinsetzen?
Er: (zeigt vor sich auf den Boden)
Sie: (setzt sich vor ihn und legt ihren Kopf auf sein Knie) Das schöne Essen ist verkocht.
Er: Quatsch nicht. Sag lieber, was du heute aus dem Handbuch für die moderne Hausfrau auswenig gelernt hast. Wenn du deine Sachen kannst, mache ich es dir dann noch gemütlich.
Sie: (sieht ihren Mann freudig an, wie eine aufgeweckte Schülerin)
Er: Regel 2?
Sie: Die aufgeweckte Hausfrau macht sich für den heimkehrenden Ehemann schick. 15 Minuten vorher Make-Up auffrischen, damit man für den erschöpften Ehemann adrett aussieht.
Er: (schaut zu ihr hinunter, zupft am Babydoll) Naja, lass ich mal durchgehen.
Sie: Danke (lächelt)
Er: Regel 15?
Sie: Die gute Ehefrau ist glücklich ihren Mann zu sehen. Sie begrüßt ihn mit einem warmen Lächeln und zeigt ihm, wie aufrichtig sie sich wünscht ihm Freude zu bereiten.
Er: Regel 23?
Sie: Beklagt sich nicht, wenn er spät heimkommt oder die ganze Nacht ausbleibt. Nimmt dies als kleines Übel, verglichen mit dem, was er tagsüber durchgemacht hat.
Er: Genau, merk dir das auch.
Sie: Regel 25 lautet, schieben Sie ihm sein Kissen zurecht und bieten Sie ihm an, seine Schuhe auszuziehen. Sprechen Sie mit leiser, sanfter und freundlicher Stimme.
Er: Dann mach das auch (zeigt auf seine Schuhe). Die Investition in das Handbuch für die glückliche Ehefrau soll doch nicht für die Katz gewesen sein.
Sie: (schnürt seine Schuhe auf und stellt sie ordentlich beiseite. Dann beginnt sie seine Zehen zu massieren)
Er: Gut so. Und die wichtigste Regel?
Sie: Sie haben kein Recht, ihn in Frage zu stellen. Eine gute Ehefrau weiß stets wo ihr Platz ist.
Er: In Ordnung. Jetzt hol mir noch ein Bier und dann räum deine Küche auf. Jetzt ist Bundesliga – keine Störungen, verstanden.
Sie: (eilt in die Küche)
Stunden später.
Er: (schaltet den Fernseher aus) Weibchen, du kannst jetzt deinen Fummel ausziehen, jetzt gehts in die Heia. Du hast dir deine Gemütlichkeit verdient.
Sie: Du spinnst wohl, Alter.
Er: (guckt mit stierigem Blick hoch)
Sie: Weißt du wie spät es ist?
Er: (schüttelt den Kopf)
Sie: Mitternacht. Weißt du was das heißt?
Er: (nickt)
Sie: Saugen und wischen. Damit der Müll hier wieder verschwindet. Das sieht hier ja aus wie im Schweinestall. (Sie kratzt sich provoziernd im Schritt.)
Er: (springt auf und will die Putzutensilien holen)
Sie: Es reicht, wenn du eine Schürze trägst.
Er: (grinst) Unser 24-Stunden-Spiel ist doch ne geile Sache?
Sie: (sieht ihn scharf an) Kein Spiel für dich. Und jetzt mache keinen Krach bei der Arbeit – Sissi wird wiederholt.
Er: Ja, geliebte Ehefrau.
Sie: Anschließend diktiere ich dir weiter das Handbuch für den perfekten Ehemann. Es wird Zeit das sowas auch Mal veröffentlich wird.
Er: (bewundernder Blick)

(Bildnachweis: © 1952 Kaffee von Chase & Sanborn)