Beistellblondine

Manchmal rauschen die Fachbegriffe vorbei wie Intercitys in einer idyllischen Spätsommernacht. Eben noch sinnlich jenseits von Zeit und Raum und plötzlich erzittert das Selbstverständnis. So ähnlich erging es mir, als ich dieses Wort das erste Mal hörte. Beschreibt es doch etwas, was man schon hunderte Male wahrgenommen hat, aber nie mit einem Fachbegriff assoziiert hätte, der wissenschaftlichen Hintergrund, komplexe logistische Vorleistung und Initiierung subtiler neurologischer Vorgänge vermittelt. Eine Spezialdisziplin ist geboren! Das reizt den seriösen Wissenschaftler, wie den unseriösen Mann.

Im Duden steht dazu nichts. Doch was ist die nur, diese besondere Blondine? Es klingt wie Beistelltischchen; Deckchen drauf, Väschen drauf und fertig ist das romantische sinnfreie Zimmereck. Doch wie soll ich mir das bei einer Beistellblondine vorstellen? Dekorativ im Foyer, Tuch über dem Gesicht und Hut mit floralen Applikationen? Doch wozu? Gerade Blondinen sagt man nach, weit intelligenter zu sein als ein Delfin. Deswegen wäre es geradezu eine Verschwendung von brain und spirit.

Ballonisierte Beistellblondine bei Fuß

Andererseits ist es für manche vielleicht erfüllend als Kunstobjekt zu gelten. Ich bin die Venus von Merlot, können nicht viele von sich behaupten. So gesehen hätte die Beistellblondine schon etwas Spirituelles. Trotzdem bleibt das mulmige und zugleich erregende Gefühl, der Begriff könnte einen sexistischen Unterton besitzen.

Der passionierte Reiter oder die sattelfeste Brünette kennt die besondere Funktion eines Beistellpferdes. Dabei handelt es sich um eine wichtige soziale Position im heimischen Pferdestall. Das Tier sollte nicht geritten werden, weil dies für die Gesundheit der Armen nicht förderlich wäre. Aber ihre Gegenwart wird geschätzt und soll beruhigend bei Aggressionen wirken und Depressionen verhindern. Das hieße im übertragenen Sinne, wenn nun ein durchschnittlicher Mann wie ich, der gemeine Maskulinus mit der Intelligenz eines Kalmars (Fussballergebnisse vorhersagen wie  Krake Paul bei der WM2010 und Nahrung aus einer Flasche holen), einen Vortrag hält oder sonstwie in Erscheinung tritt, könnte das Vorhandensein einer Beistellblondine Wut und Langeweile über den produzierten Pferdemist in Sanftmut und Interesse wandeln.

Natürlich hinkt das Beispiel, denn der Delfin frisst bekanntlich Kalmare. Das würde eine blonde Schönheit doch nie … oder … ? Lassen Sie doch bittebitte das Beistellväschen auf dem Beistelltischchen stehen …


Was ist nun die Moral von der Geschicht‘:
Beistelltische beißen nicht.

Doch unterschätze nicht die Meeressäuger
Noch eh der zarte Busen geküsst
Beistellblondines Flosse dich grüßt.
*flatsch!*
Lerne du vom Rassepferd, und
Beiwerk wird zum Mittelpunkt.

(Bildnachweis: © JoeEsco / photocase.com)